Wie wäre es damit, statt Private Public Partnerships (PPP), wofür der Staat Aufgaben des Gemeinwesens an profitorientierte Unternehmen abgibt, Commons Public Partnerships (CPP) zu fördern? Hier können Betroffene demokratisch und intrinsisch motiviert über Ressourcenverteilung bestimmen. Erste Ansätze gibt es dazu.
Karin Walther, Reallabor Kooperatives Wirtschaften Werra-Meißner-Kreis
Private Public Partnerships sind bekannt: Staatliche Aufgaben für das Gemeinwesen sollen in Kooperation mit privaten, marktorientierten Akteuren erfüllt werden. Bedenklich: Gewinne werden privat abgeschöpft. Das Risiko liegt dennoch beim Staat, da dieser im Falle einer Insolvenz die Verpflichtungen des Privatunternehmens übernehmen muss. Auch langfristige Kosten oder anderweitig ausgelagerte Kosten werden von der Öffentlichen Hand aufgefangen. Insofern gelten diese PPP vielen Expert*innen nicht einmal als wirtschaftlich. Was allerdings schon deshalb nicht so einfach zu beurteilen ist, weil die genauen Vertragsbedingungen in der Regel geheim gehalten werden. So wird eine parlamentarische oder gar öffentliche Kontrolle verunmöglicht, zu Lobbyismus quasi eingeladen und Korruption begünstigt.
Doch der Zielkonflikt zwischen Bedarfsdeckung und Gewinninteresse führt grundsätzlich zu Spannungen. So kam es beispielsweise im Landkreis Offenbach zu dem Fall, dass die Mieten für die 90 Schulen weit über das vereinbarte Maß hochgeschraubt wurden. Möglich werden solche unerwünschten Entwicklungen besonders deshalb, weil Aufgaben für das Gemeinwesen zumeist eine Art natürliches Monopol darstellen.
Diesen Zielkonflikt gibt es nicht bei einer Commons Public Partnership. Bei CPP geht es um die Umsetzung der Anliegen der Bevölkerung in Kooperation mit staatlichen Akteuren durch Commons-Vereinigungen. Die Aufgabe wird auf transparente Weise als Gemeinsames betrachtet und betrieben. Das Umsetzen des Anliegens ist intrinsisch motiviert. Gerade in Bereichen, wo die Kaufkraft von Teilen der Bevölkerung nicht ausreicht, können deren Bedürfnisse mit den vorhandenen Ressourcen, je demokratischer, desto zielgenauer, gedeckt werden.
Demokratisierung bedeutet Insourcing statt Externalisierung, so formulierte es einmal Professorin Silke van Dyk, Referentin der Wissenschaftstagung im Juli 2023 – also das Einbeziehen von Kosten, aber auch von damit im Zusammenhang entstehenden Bedürfnissen statt deren Auslagerung.
Statt der Gefahr des Weggangs des Unternehmens aufgrund von als nicht ausreichend angesehenem Profit, wie es bei einer PPP passieren kann, stellen CPP lokale Kooperationsbeziehungen auf Dauer dar. Solange die Bedarfe bestehen, besteht auch das Interesse an ihrer Deckung; hierdurch entsteht langfristige Verlässlichkeit und Planungssicherheit.
Ebenso können CPP-Abhängigkeiten schaffende Förderbeziehungen ersetzen. Inzwischen häufig anzutreffend sind von Vereinen übernommene Schwimmbäder, die ansonsten von den Kommunen geschlossen worden wären. Oder die örtliche Bibliothek. Je bewusster die Form einer CPP gewählt wird, umso hierarchiefreier kann die Gestaltung der Schnittstelle zwischen staatlichen und selbstorganisierten Strukturen gestaltet werden.
Das Reallabor Werra-Meißner-Kreis stellt im Grunde eine solche Commons-Public-Partnership dar. Karin Walther als Projektkoordinierende stellte diese in ihrem Workshop vor. Verbundpartner sind auf der einen Seite als öffentlich-rechtliche Körperschaft, welche Ressourcen zur Verfügung stellt, der Werra-Meißner-Kreis. Fördergeber ist zudem in diesem Fall das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Auf der anderen stehen verschiedene lokale Akteure, welche vereinbarte Aufgaben übernehmen für die im Zentrum des Reallabors stehende Frage: Wie können im Werra-Meißner-Kreis resiliente und gemeinschaftsgetragene Versorgungsstrukturen aufgebaut und weiterentwickelt werden? In den Bereichen Energie, Nahrung und Wohnraum können so finanziell abgesichert Prototypen für regionale resiliente und solidarische Lösungen gefunden werden; beispielsweise solidarische Saatgutproduktion sowie Agroforst bzw. Waldgärten, womit nur noch ein Viertel der Anbaufläche gebraucht wird, im Vergleich zu herkömmlicher Landwirtschaft. Dabei wird das Reallabor wissenschaftlich durch die Universität Kassel begleitet.
Anders als bei herkömmlichen Partizipationsprojekten besteht nicht nur eine ‚Beteiligung‘ in Form der Beantwortung von Fragen der Verwaltung, deren Auswertung und Entscheidung jedoch weiterhin bei der Verwaltung verbleibt. Im Gegenteil: Durch die Kostendeckung für kooperativ Wirtschaftende entstehen ‚Räume der Freiwilligkeit‘.
Ein weiterer Bereich für CPP sind Transformationszentren. Solche könnten flächendeckend gefördert werden: Orte, an denen Fach- und Erfahrungswissen für ein gutes Leben für alle angesiedelt, gebündelt und zugänglich gemacht wird, sowohl vor Ort als auch über die Regionen hinweg geteilt. Mit der Stärkung des Commoning als Selbstorganisationspraxis dieser Transformationszentren könnten wichtige pflegende und schöpfende Tätigkeiten angestoßen werden. Zwar bestehen bereits Ansätze solcher Zentren, doch dafür finanzielle Förderung zu erhalten ist so gut wie unmöglich, denn dies gibt es in der Regel nur für Anschaffungen, nicht auch für laufende Kosten oder im engen Sinne produktiv tätig sind. Eine Person fasste diese Erfahrung wie folgt zusammen: „Wir schrabbeln immer an allen Fördertöpfen vorbei, weil wir keine Dinge kaufen oder bauen, sondern mit Menschen etwas bewirken wollen.“
Relevant werden CPP auch als Krisenvorsorge und Bevölkerungsschutz, darauf weisen Paul Jerchel und Judith Pape in einer Studie von 2021 zu CPP für das Potsdamer Institute for Advanced Sustainability Studies hin: „Mit hunderttausenden Freiwilligen der Freiwilligen Feuerwehr und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) verfügt Deutschland über starke – wenn auch nicht vollständige – Vorbilder für durch geteilte Ressourcen und unbezahlte Arbeit abgedeckte Grundversorgung. Das Fraunhofer Forschungsprojekt Krisenmanagement und Resilienz (KResCo) empfiehlt zudem die Stärkung von Ad-hoc-Netzwerken und neuartiger Austauschformate im Bevölkerungsschutz und empfahl im Zuge dessen auch die Institutionalisierung von ‚Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen Gruppen‘.
Commons-Public Partnerships könnten hierbei nicht nur die Katastrophenkommunikation im Schadensfall erleichtern und zur Zusammenführung lokaler Lösungsansätze dienen. Insbesondere durch die Zusammenführung agiler und ortskundiger Selbsthilfekompetenzen der Bevölkerung mit überregionalen und spezialisierten Kompetenzen staatlicher Einrichtungen könnten sie zu einer beschleunigten, zielgerichteten und in den lokalen Kontext integrierten Schadensbegrenzung beitragen.“
Egal, ob Profitinteressen oder Förderabhängigkeiten ersetzend: Commons Public Partnerships ermöglichen eine lokal abgestimmte, angepasste und sich den wandelnden Bedingungen und Bedürfnissen anpassende verantwortungsvolle Nutzung von Ressourcen der Alltagsökonomie. Die Kommune kann auf diese Weise zur Erweiterung kooperativen lokalen Wirtschaftens beitragen.