Christian Schorsch
Commons-Netzwerke sind Zusammenschlüsse einzelner Commons, also Gemeinschaftsprojekten, die sich in ihrem Tun gegenseitig unterstützen. Dabei bleiben in Commons-Netzwerken alle beteiligen Projekte autonom und es gibt keinerlei Dachorganisation, Zentrale oder Gesamtmanagement, welche Entscheidungen für alle vorgeben. Commons-Netzwerke sind also keine (politischen) Verbünde oder strategische Allianzen, sondern generieren sich als Gesamtes so ähnlich wie jedes einzelne Commons-Projekt, welches auf Beiträgen Beteiligter beruht. Und genauso, wie die Vielfalt an Menschen und Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Fähig- und Fertigkeiten jedes Einzelprojekt bereichert, überhaupt erst ermöglicht oder um Potenziale erweitert, tun das Commons-Projekte in Commons-Netzwerken ebenfalls.
Auf diese Weise wird eine solidarische Ökonomie denkbar, die zum einen vollständig auf Freiwilligkeit und Selbstzueignung beruht und zum anderen – ähnlich der Marktwirtschaft – in der Lage ist, auch Produkte und Leistungen zu ermöglichen, die zunehmend komplexe Herstellungsketten benötigen. Ein einfaches Beispiel dafür wäre die Verbindung einer gemüseproduzierenden Solidarischen Landwirtschaft mit einem zweitem Commons-Projekt, das die Verarbeitung und Haltbarmachung der Ernte übernimmt, und einem drittem, welches dann die Verteilung und Bereitstellung der Lebensmittel ermöglicht. Das wiederum könnten örtliche Verteilpunkte oder selbstorganisierte (Groß-)Küchen für alle sein – und damit die nächsten Knotenpunkte im Commons-Netzwerk.
Insbesondere im Lokalen, in Nachbarschaften und unter Menschen, die sich täglich begegnen können, ist eine solche Organisation gut vorstellbar. Wie aber teilen sich Menschen einerseits ihre Bedarfe und andererseits das von ihnen in die Gesellschaft Eingebrachte bei zunehmenden Distanzen gegenseitig mit? Das Internet bietet bisher noch keine perfekte Plattform dafür, jedoch zumindest die technischen Grundlagen für einen dezentralen, blitzschnellen und unbürokratischen Informationsaustausch zwischen den verteilten Projekten. In solchen selbstorganisierten Versorgungszentren könnten Lebensmittelproduktion, Leih- und Umsonstläden, Gesundheitszentren, Werkstätten, Mobilitätssysteme und anderes mehr, verteilt in einer ländlichen Kommune oder auch einem Stadtteil, in Wechselwirkung und Synergie treten, indem sie Ressourcen teilen oder sich durch gegenseitiges Zutun miteinander verweben und tragen. Erst die commonsgemäßen Beziehungen zwischen den Projekten ermöglichen es jedem einzelnen Teilprojekt des Netzwerks, sich zunehmend vom marktförmigen Umfeld abzukoppeln und eine Wirtschaftsweise zu praktizieren, die statt monetärem Gewinn soziale und ökologische Potenziale optimiert.