Prof. Dr. em. Adelheid Biesecker
Die sozial-ökologische Transformation ist eine gemeinsame Aufgabe von Praxis und Theorie, denn in sozialen Bewegungen scheinen neue Kategorien auf, die von der Theorie ausgedeutet und weiterentwickelt werden. Theorie kann so zur Stärkung der transformativen Kraft sozialer Bewegungen beitragen. Eine transformative sozial-ökologische Theorie kann nicht mit alten Kategorien arbeiten, da diese den größten Teil des Ökonomischen nicht erfassen: all jene Tätigkeiten, die nicht über den Markt erfolgen. Das sind nicht zuletzt jene, die traditionell von Frauen ausgeführt wurden – aber oft auch noch werden. Sie werden für jede Produktion gebraucht, gelten jedoch insofern als wertlos, als sie nicht in die Kostenrechnung eingehen und maßlos und sorglos ausgebeutet werden.
Insbesondere für die lokale Ökonomie gilt aber, dass auch darüber hinaus viele Tätigkeiten unentgeltlich erbracht werden. Daher ist Lokale Ökonomie auch jetzt schon geprägt von sozialen Beziehungen und Verflechtungen verschiedener Tätigkeiten. Sie beruht oft auf beziehungsgestützter Kooperation statt auf Märkten. Hier werden Commons zentral, beruhen sie doch auf „Commoning“ als sozialem Prozess der Selbstorganisation, der sozialen Beziehungen, der (Vor)Sorge. Commoning stellt die Sorge und das Vorsorgen ins Zentrum der Ökonomie und beruht auf Kooperation statt Konkurrenz. Es ist u.a. geprägt durch das Teilen von Wissen, durch gemeinsamen Besitz statt privatem Eigentum und durch ‚Beitragen statt Tauschen‘ jenseits direkter Reziprozität/ Tauschlogik. Ausbeutung von Arbeitskraft ist im Commoning nicht möglich. Es wird freiwillig beigetragen. Statt automatisch „immer mehr in kürzerer Zeit“ zu produzieren (‚Effizienz‘), wird zum Richtwert, was genügt (‚Suffizienz‘). Damit birgt Commoning auch das Potential für ein vorsorgendes Naturverhältnis.
Dies geschieht jenseits von Markt und Staat. Commons schaffen einen eigenständigen ökonomischen Raum, der die lokale Ökonomie unabhängig(er) macht vom Markt und vom (zentralen?) Staat. Das heißt nicht, Institutionen spielten keine Rolle mehr. Im Gegenteil – sie sind wichtig. Doch bleiben Commons prozessuale, ständig im Werden befindliche Gebilde. Wie all das aussehen kann? Menschen sind sehr verschieden. Gehen sie in Beziehungen, wird es noch verschiedener. Commoning ist vielfältiges Produzieren, Konsumieren, Tätigwerden.