Susanne Elsen (Bild: LEGACOOP, Roma)
Strukturschwache ländlichen Regionen Europas leiden seit mehreren Jahrzehnten unter der teils dramatischen Abwanderung junger, überwiegend gut ausgebildeter Menschen, die keine wirtschaftliche Perspektive für sich sehen. Zurück bleiben dünn besiedelte Gebiete, welche an Überalterung und schwacher Infrastruktur leiden, was den Abwanderungstrend verstärkt. In Ostdeutschland zeigt sich auch der Zusammenhang zwischen solchen «Gebieten der Hoffnungslosigkeit» und dem Anwachsen demokratiefeindlicher Positionen.
Als Reaktion darauf haben sich vor allem in Italien und Ostdeutschland viele hundert Bürger*innengenossenschaften als nicht-spekulative Modelle der kooperativen Organisation für gemeinwesensorientierte Belange gegründet. Ihr Ziel ist die Erhaltung der ländlichen Räume und die Lösung von Versorgungsproblemen in den Bereichen Mobilität, Energie, Wohnen, Soziales, Kultur, Infrastruktur und Nahraumversorgung. Sie schaffen damit Lebensperspektiven und vor allem Möglichkeiten der aktiven bürgerschaftlichen Teilhabe.
Bürger*innengenossenschaften sind eine Ko-Produktion der Daseinsvorsorge zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft und damit eine zukunftsfähige soziale Innovation im Sinne neuer Kombinationen und integrierter Lösungen. In ihnen wird das genossenschaftliche Kooperationsprinzip, das bereits von ca. einer Milliarde Mitglieder in ca. 900.000 Genossenschaften weltweit gelebt wird, neu und breiter interpretiert und zu einem zentralen Element der kooperativen Daseinsvorsorge in der lokalen Ökonomie.